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AutorenbildBritta

Alle Träume


Alle Träume von ihr ähneln sich auf gewisse Weise. Es werden mehr in letzter Zeit, seit ich hier draußen bin, aber ich denke auch bei Tag an sie. Ich betrachte einen Ausschnitt des Himmels, der sich über dem Dach des Hauses gegenüber öffnet, blicke an dem alten Mauerwerk hinauf, an den in der Sonne des späten Tages glühenden Ziegeln. Bald verliert sich ihre Wärme in der einbrechenden Dunkelheit. Ich stelle das halbgefüllte Glas auf dem Kühlschrank ab, das Licht bricht sich darin, zitternde Lichtpunkte, mich umfängt Traurigkeit. Das Haus gegenüber ist unbewohnt, ich umrunde es auf meinem täglichen Gang durch die Gasse und auf dem kurzen Weg zurück über die Dorfstraße. Neben dem geschlossenen Schlagladen hängt von der Decke des Vordachs herab ein Windspiel, die papiernen Flügel öffnen und schließen sich, in einer immerwährenden Bewegung dreht es sich um sich selbst, nur scheinbar windet es sich hinauf. Der Mieter, ein alter Engländer, der das Haus vor etwa einem Jahr verlassen hat, ließ es einfach dort hängen, wie er es dort hängen ließ, als er einzog. Von der Gasse aus blicke ich durch die geöffneten Fenster in das Innere unseres Hauses, fremd und anziehend dringt Licht in die verborgenen Winkel, die sich mir, der Fremden, in einem ungeahnten Moment preisgeben. Im Traum sagte ich es ihr, ich hob die Stimme, sprach es ihr zu, ihr, den Rücken mir zugewandt, eine Treppe hinaufsteigend. Ich fasse Mut und weiß, es ist die letzte Gelegenheit, nur wenige Augenblicke später würden wir wieder von Menschen umgeben sein, meine Worte würden sie nicht mehr erreichen. Doch schon jetzt, nach all der Zeit und allein mit ihr in der Dunkelheit der uns umgebenden Nacht, im Angesicht der erleuchteten Fenster eines Hauses in der Ferne, die sich vor uns erstreckt, scheint es mir zweifelhaft, dass sie mich hört. Ich wünsche mir, dass meine Worte, so klar gesprochen, Gestalt annehmen, sich von mir lösen, ich empfinde keine Scham, ich will sie dauern lassen. Alle Träume von ihr ähneln sich in gewisser Weise. Sie kürzt meine Worte ab, nimmt ihnen den Sinn, wendet sie um, bis sie aneinander schlagen wie papierne Flügel, ich schenke ihnen selbst nicht mehr Glauben. Ich bleibe zurück, sehe an mir herab, das Licht des Tages durchscheint meine Kleider, legt sich kalt und weiß auf meine Haut.



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Copyright Fotografie und Text: übertage - texte aus dem off (Juni 2022)

Für S., wo immer sie sein mag.

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