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  • AutorenbildBritta

Um das schwarze Wasser


Wieder begegne ich ihm im Traum, in einem Raum von Büchern. Die Tür, die von hier aus gesehen zurückzuweichen scheint, öffnet sich zum hinteren Teil des Hauses, von dessen Ende her Tageslicht wie durch einen Schacht hereindringt. Ich berühre Wände aus Papier, eine Membran, hinter der sich die Luft zwischen uns staut und durch die hindurch schwach die Geräusche eines Lebens hereinfallen, von dem ich mir keine Vorstellung machen kann. Wir sprechen nicht, sind am Ende unserer Geschichte und finden den Weg zurück an einen Anfang, gelesen und wiedergelesen. Wieder begegne ich ihm im Traum, die Konturen seines Gesichts treten hinter das große Bild zurück, das ich in Erinnerung trage. Ich könnte ihn berühren, doch ich bin in meinen Gedanken gefangen, treibe in einem Wirbel von Worten, die in mir nachhallen, in einem Wirbel von Zeichen, deren Sinn mir zu schwarzer Tinte gerinnt. Sie tränkt das Blatt, schwarzes Wasser sickert ein, der Boden gibt nach, ich spüre die Kälte, die zu mir heraufdringt. Ich erahne seine Tiefen, ziehe meine Bahnen um die unbewegte Fläche, in der sich die wechselnden Konstellationen der Sterne spiegeln, ich: ein Trabant. Die Feuchtigkeit der Nacht senkt sich vom Himmel herab. Ich muss den Blick abwenden, spüre die Nacht kommen von dort, die Nacht und den Traum. Etwas dringt in die Atmosphäre meines Körpers ein, ich atme schwer und in kurzen Stößen. Sein Körper ein Bild, ein feiner Stoff, den ich bei Nacht stets von neuem webe und auftrenne, mit dem ich mich umhülle, über dessen Umrisse ich mit der Hand hingleite, ohne sie jemals zu durchtrennen, diese dünne Haut zwischen seiner Welt und meiner.




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Copyright Fotografie und Text: übertage - texte aus dem off (September 2022)

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